Richtig fokussieren. Tipps für scharfe Fotos

Spinnennetze fotografiert im herbst

Wie fokussiere ich bei zwei Menschen? Wohin fokussiere ich bei einer Gruppe? Wo lege ich den Fokus bei Landschaften? Und was bedeuten all diese ganzen Fokus Möglichkeiten der Kamera? 

Das richtige Fokussieren bringt viele Hobbyfotografen an den Rand der Verzweiflung. Vor allem Einsteiger tun sich mit den vielen Möglichkeiten der Kameras schwer. 

Lass mich dich durch den Fokus-Dschungel navigieren. 

Es gibt viele Möglichkeiten, zu fokussieren. Sie haben alle ihren Platz in der Fotografie, je nachdem, was du fotografieren willst.

Wir unterscheiden zunächst einmal übergeordnet in die Fokus Betriebe. 
Dabei gibt es zwei Betriebe im Autofokus (AF) und einmal den manuellen Fokus (MF):

1.) Einzelautofokus

Du findest ihn auf deiner Kamera unter AF-S oder One-Shot (bei Canon). Er ist dein bester Freund, wenn du ein Motiv fotografierst, das sich nicht bewegt. Sobald du den Auslöser halb drückst, wird der Fokus fixiert. Das Motiv wird fixiert und gesperrt, bis du auslöst – ohne jedoch wieder den Finger vom Auslöser zu nehmen. Im Sucher oder auf dem Display wird ein farbiges Symbol angezeigt, das bestätigt, dass der Autofokus einen Punkt gefunden hat. 

Tipp: Aktiviere den Signalton, der dir akustisch anzeigt, dass die Kamera einen Fokuspunkt gefunden hat. 

Der Fokus ändert sich nicht, wenn du auf dem Auslöser halb draufbleibst. Auch nicht, wenn du die Kamera bewegst. So kannst du die Schärfe speichern und einen schöneren Ausschnitt suchen. Diese Technik nennt man übrigens FTR: Focus, then recompose

Du kannst nur auslösen, wenn die Kamera einen Punkt gefunden hat. 

Spinnennetze fotografiert im herbst
Unbewegliches Motiv, fotografiert mit dem Einzelautofokus (AF-S bzw. One Shot)

2) Kontinuierlicher Autofokus

Den kontinuierlichen Autofokus findest du unter AF-C oder Servo (bei Canon). Ihn verwendest du, wenn sich ein Motiv bewegt und du es verfolgen möchtest. 

Beim Halbdrücken des Auslösers, wird dein Motiv mittels dem Fokuspunkt anvisiert und die Kamera prüft kontinuierlich (daher kommt der Name) den Fokus. Wenn sich der Abstand zwischen Kamera und Motiv ändert, wird jedes Mal neu fokussiert. 

Deine Aufgabe ist es, das Motiv mit dem Fokuspunkt zu verfolgen. Sobald das Motiv fokussiert ist, ändert sich die Farbe des Symbols (bei Canon zum Beispiel zu blau). Einen Signalton gibt es hier nicht, denn die Kamera fokussiert ja permanent und ein permanentes Piepsen möchtest du nicht hören. 

Du kannst im Gegensatz zum Einzelautofokus auch dann auslösen, wenn der Fokus nicht 100%-ig sitzt. Die Trefferquote bei beweglichen Motiven ist am Anfang ziemlich niedrig. Deshalb gilt hier: dranbleiben und üben. 

Bienenfresser im Flug
Bienenfresser im Flug, fotografiert mit dem kontinuierlichen Autofokus (AF-C bzw. Servo)

3) Manueller Fokus

Manuelles Fokussieren bedeutet, dass du manuell mittels Drehen des Fokusrings vorne am Objektiv scharf stellst.

Das macht Sinn, wenn der Autofokus keinen Kontrastpunkt findet, wie zum Beispiel bei schlechten Lichtverhältnissen oder wenn du Makroaufnahmen machst und präzise fokussierst.

Um die manuelle Scharfstellung zu unterstützen, verfügen viele Kameras über Hilfsmittel, die das Scharfstellen erheblich erleichtern können. Viele Kameras bieten die Möglichkeit, in den LCD-Bildschirm oder in den Sucher zu zoomen und mit Hilfe von Fokus-Peaking den Fokus jedes Mal zu treffen.

Beachte: Der manuelle Fokus (MF) st keine Autofokus-Betriebsart. Der manuelle Fokus hat auch nichts mit dem manuellen Modus zu tun. 

Sonnenaufgang manuell fokussiert

Das waren die drei Fokus Betriebe.

Damit der Autofokus auch arbeiten kann und Punkte zum Scharfstellen findet, müssen wir ihm sagen, was er scharfstellen soll. Dafür bedienen wir uns der Fokuspunkte. Manche Hersteller reden hier von AF-Methoden.

1) Einzelfeld Autofokus:

Beim Einzelfeld Autofokus wählt man, wie der Name schon sagt, einen bestimmten Punkt aus, auf den das Objektiv bei halbem Druck auf den Auslöser fokussieren soll. Damit speicherst du den Fokus und durch Drücken des Auslösers machst du die Aufnahme. Wenn du eine weitere Aufnahme machen möchtest, musst du wiederum neu fokussieren: Auslöser halbdrücken und dann ganz durchdrücken, um das Bild zu machen.

Du kannst diesen einzelnen Fokuspunkt verschieben, um den Fokus genau dort zu platzieren, wo du die Aufnahmen machen möchtest. 

Manche Kameras bieten dieses Einzelfeld in 3 verschiedenen Größen an. Das größte stellst du am besten bei weiten Motiven wie zum Beispiel einer Landschaft ein. Das mittlere könnte sich gut für ein Gruppenbild eignen und das kleine für die Fokussierung der Augen bei einer Porträtaufnahme.

AF Einzelfeld

2) Spot Autofokus:

Das ist wie beim Einzelfeld ein einzelnes Feld, nur ist es noch etwas kleiner. Dieses Feld kannst du zum Beispiel bei Makroaufnahmen oder Porträts einstellen. 

3) Erweiterung, Zone

Je nach Kameramarke und Kameramodell gibt es noch die Möglichkeit, das einzelne Autofokus-Feld zu erweitern. 

Canon hat zum Beispiel den AF-Bereich Erweiterung, der vor allem beim kontinuierlichen Autofokus hilfreich ist. Dabei wird ein einzelnes Fokusfeld manuell ausgewählt und die Kamera nutzt weitere vier oder acht umliegende Felder für die Motivverfolgung. Dadurch kannst du den Fokus besser auf dem Motiv halten.

Manche Canon Modelle verfügen über die AF-Messfeldwahl in Zone. Mit dieser Option kannst du bestimmte Zonen wählen und die Kamera wiederum wählt die Fokusfelder innerhalb dieser Zone. 

Auch bei Fuji und Lumix heißt diese Mustererkennung im AF-C Modus Zone.

Sony verfügt über den erweiterten Flexible Spot. Falls die Kamera nicht auf den gewählten Fokuspunkt scharfstellen kann, verwendet sie die Punkte um den flexiblen Punkt als nächste Priorität. 

Bei Nikon gibt es die Messfeldgruppensteuerung, bei der mehrere Fokuspunkte zu einer Gruppe zusammengefasst werden. Für den kontinuierlichen Autofokus bietet Nikon die dynamische Messfeldsteuerung. Wenn das Motiv das gewählte Fokusfeld verlässt, fokussiert die Kamera mithilfe der benachbarten Fokusmessfelder. 

Bei Olympus Modellen kannst du den Fokusfeldbereich individuell konfigurieren.

Die Bezeichnungen sind bei allen Herstellern und Modellen unterschiedlich. Wenn du weißt, wonach du suchen musst, sollte dir die Bedienungsanleitung der Kamera weiterhelfen. 

Tipp: Nimm dir die Zeit, um die Funktionen durchzutesten.

 

4) Augenerkennung

Viele Kameras verfügen über automatische Augenerkennung. Das bedeutet, dass der Autofokus das Auge verfolgt und scharf stellt. Diese Funktion ist bei spielenden Kindern ganz praktisch. Im Wesentlichen erkennt die Kamera ein Gesicht und verfolgt es, wobei es immer im Fokus bleibt, egal ob sich die Kamera oder die Person bewegt.

Mittlerweile gibt es schon Modelle, die über einen Tier-Augen-Autofokus verfügen. Dieser Modus verfolgt das Gesicht eines Tieres, was die Trefferquote an scharfen Bildern natürlich sehr stark erhöht. Das Wunderding funktioniert super, wenn das Tier am Himmel fliegt oder sich vor einem ruhigen Hintergrund bewegt und keine Äste oder Sonstiges den Autofokus stört. 

Auch hier ist es sinnvoll, die Möglichkeiten der eigenen Kamera nachzulesen und zu studieren und dann auch auszuprobieren. 

5) Die automatische Wahl (bitte nicht!)

Ich erwähne diese nur kurz. Wenn du bei mir den Einsteigerkurs machst, ist das eines der ersten Dinge, die du lernst: diese Einstellung zu deaktivieren. Denn damit überlässt du der Kamera die Wahl des Schärfepunktes und das möchtest du nicht. 

Sehr praktisch: Die Fokushilfe.

Die Funktion Fokus-Peaking im manuellen Fokus (MF) zeigt, was genau im Bild scharf dargestellt wird. Die scharfen Bereiche werden farblich hervorgehoben und umrandet. Bei vielen Kameras kannst du auswählen, welche Farbe angezeigt werden soll. Drehst du am Fokusring, siehst du, wie sich der Bereich, der scharf dargestellt wird, farblich verändert.

Bei manchen Kameramarken findest du Fokus-Peaking unter dem Wort „Kantenanhebung“. 

Eine Frage, die ich oftmals gestellt bekomme, lautet:
Wohin genau muss ich eigentlich fokussieren?

Bei Porträts:

Der einzelne Fokuspunkt eignet sich hervorragend für Porträtaufnahmen, weil du damit die Kontrolle hast und den Fokuspunkt dorthin setzt, wo du ihn brauchst: beim Auge.

Bei einer Person, die sich bewegt, ist die Herausforderung, den Fokus auf dem Auge zu halten. Da hilft dir die Augenerkennung. In dem Fall würde ich darauf achten, den Abstand immer gleich zu behalten und im gleichen Tempo rückwärts zu gehen. Falls deine Kamera keine Augenerkennung hat, schalte hier den kontinuierlichen Autofokus ein.  

Porträt

Bei Paaren:

Wenn wir Paare fotografieren, treffen wir zuerst unsere kreativen Entscheidungen. Wenn das geklärt ist, entscheiden wir, wie das Paar aussehen soll. Manchmal möchte ich nur einen der beiden im Fokus haben, aber bei Paaren, die porträtiert werden, möchte ich in der Regel beide Gesichter und Augen im Fokus haben. Wenn sie also beide auf der gleichen Fokusebene stehen, ist das im Grunde recht einfach. Wir können eine Blende f/2.8 wählen und beide werden scharf abgebildet. 

Wenn jedoch einer von beiden weiter hinten steht, müssen wir die Blende schließen, denn sie stehen nicht mehr auf derselben Fokusebene. Wie sehr wir die Blende schließen, hängt sehr stark von der Entfernung und der Brennweite ab. Je näher die Kamera am Motiv ist und je länger die Brennweite, desto geringer ist die Schärfentiefe. Bei der Fokussierung versuche ich immer noch, auf das Auge zu fokussieren, das der Kamera am nächsten ist.

paar fotografieren fokussieren
Fotografiert mit Blende f/7.1, um beide scharf abzubilden

Gruppen fotografieren:

Bei Gruppenaufnahmen ist wiederum die Schärfentiefe wichtig. Wähle einen hohen Blendenwert, um mehr Schärfentiefe zu erhalten und die Personen im Fokus zu halten. Wenn die Gruppe in der Breite aufgestellt ist, würde ich die Person in der Mitte der Gruppe scharfstellen. Die Schärfentiefe kann dann durch Erhöhen der Blendenzahl verändert werden, bis alle Personen scharf abgebildet sind. Denke daran, dass bei großen Gruppen auch große Entfernungen im Spiel sind. Dementsprechend musst du die Blende schließen. 

Tipp: Schalte auf den manuellen Fokus um und stelle die Fokushilfe (Fokuspeaking) ein. Dann siehst du ganz genau, was alles scharf sein wird.

Und noch ein Tipp: Bei großen Gruppen würde ich die Verwendung eines Weitwinkelobjektivs vermeiden. Personen, die am Rande des Bildes stehen, können dadurch verzerrt erscheinen. Besser ist es, weiter hinten zu stehen und mit einer etwas größeren Brennweite (wir reden hier von 30 – 50 mm) fotografieren. 

Fokus bei Landschaften:

Die einfachste Fokusmethode beim Fotografieren von Landschaften ist folgende: Du schließt die Blende (z.B. f/8 – f/11) und setzt den einzelnen Fokuspunkt in etwa ⅓ ins Bild. Dadurch sollte das Bild von vorne bis hinten schön scharf sein. 

Falls du im Vordergrund einen Akzent setzt, z.B. ein Blatt auf einem Stein und dieses Blatt auch komplett scharf sein soll, kannst du auch zwei Aufnahmen machen. Einmal setzt du den Fokus auf das Blatt und einmal fokussierst du weiter hinten in die Landschaften. Die beiden Bilder setzt du im Bildbearbeitungsprogramm zu einem zusammen. 

Ausblick Azoren mit schöner Bildkomposition

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