Nebel fotografieren – wie das geht?
Mit Nebel kannst du deinen Fotos Mystik und Drama verleihen. Nebel erzeugt verschiedene Stimmungen, er kann unterschiedliche Formen annehmen und damit für faszinierende Fotos sorgen.
Nebel ist etwas Großartiges, denn mit ihm kannst du eine gewöhnliche Szene in etwas Spektakuläres verwandeln. Weite Landschaften, die in eine Nebelschicht eingehüllt sind oder eine Stadt, aus der nur die Hochhäuser herausragen – Dramatik garantiert.
Hier sind meine Fotografie Tipps, wie du Nebel vorzeitig erkennst, fotografierst und worauf du beim Bildaufbau achten sollst.
f/7,1 | 1/400 sek | ISO 125 | 23 mm
Polfilter NiSi
Recherche!
Wer bewusst auf der Suche nach Nebel ist, muss zunächst einmal mit einer Recherche beginnen. Welches Motiv eignet sich perfekt für ein stimmungsvolles Nebelbild?
Welchen Nebel brauche ich dazu? Bodennebel? Hochnebel? Oder einfach nur ein dezenter Schleier?
Und: Was sagt der Wetterbericht?
Beginnen wir mit der Frage: Was ist Nebel eigentlich?
In der Wissenschaft versteht man unter Nebel eine Ansammlung von winzigen flüssigen Partikeln in der Luft. Diese ähneln einer tiefen Wolke. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass sich Nebel in der Regel in Bodennähe befindet oder den Boden sogar berührt.
Wie entsteht Nebel? In unserer Atmosphäre befindet sich immer eine gewisse Menge an Wasser. Es ist gasförmig und daher können wir es nicht sehen. Das nennen wir Wasserdampf.
Die Luft kann nur eine bestimmte Menge an Wasser aufnehmen. Wenn die Temperatur unter den sogenannten Taupunkt fällt, kommt es zur Kondensation – die relative Luftfeuchtigkeit beträgt dann 100%. Dabei verwandelt sich der Wasserdampf in Flüssigkeitstropfen. Diese Tröpfchen schweben durch die Luft und verteilen sich in Bodennähe in einer Schicht. Und das ist das, was wir als Nebel kennen.
Anhand von Wettermodellen und Karten kann man Nebel ziemlich gut vorhersagen.
Wenn du beispielsweise einen schönen Bodennebel am See fotografieren möchtest, darf die Luft nicht zu feucht sein. Das bedeutet, dass es am Tag zuvor nicht regnen sollte. Die Nacht vor dem geplanten Shooting muss windstill und wolkenlos sein und die Luftfeuchtigkeit sollte um die 70% oder besser sogar noch mehr betragen. In der Nacht kühlt die Luft ab und erreicht am Morgen 100%.
Hochnebel hingegen entsteht nicht durch Abkühlen der Luft über Nacht, sondern durch verschieden warme und feuchte Luftschichten.
Am besten schaust du dir die Wettermodelle verschiedenen Stationen an. Auf wetteronline.de, meteoblue.com oder kachelmannwetter.com findest du verschiedene Modellkarten. In der Regel kann man mit Prognosen bis 3 Tage in die Zukunft ganz gut arbeiten.
f/7,1 | 10 sek | ISO 100 | 24 mm
Polfilter, Verlaufsfilter und ND 64 von NiSi
Kameraeinstellungen & Belichtung
Am besten fotografierst du im RAW Format. Mit diesem Format hast du nachher die Möglichkeit, das Foto mit allen Bildinformationen mittels Software zu entwickeln. Durch das Rohdaten-Format gehen keine Informationen verloren, die Farbtiefe ist größer und das Foto wird ohne Verarbeitung oder Komprimierung weitergegeben.
Neben dem RAW Format spielt der Weißabgleich eine wichtige Rolle beim Fotografieren im Nebel. Der Weißabgleich regelt die Farbtemperatur des Bildes. Je höher die Kelvin Zahl eingestellt ist, desto wärmer wird das Foto. Oft ist der Grad zwischen leichtem Farbstich und keinem Farbstich schmal.
Der Weißabgleich kann auf der Kamera direkt eingestellt werden. Zur Auswahl stehen verschiedene Standard-Einstellungen wie Tageslicht, Wolken oder Schatten. Ich würde einmal mit diesen drei Möglichkeiten beginnen. Manche Kameras bieten die Möglichkeit, die Kelvin Zahl manuell einzugeben. Bei anderen Modellen gibt es zusätzliche Einstellungsmöglichkeiten der Farbtöne. Dabei ist ein Rechteck mit einer Blau-Gelb-Achse und einer Grün-Magenta-Achse vorgegeben. Durch Ziehen lässt sich eine Feineinstellung vornehmen.
Eine bequeme Möglichkeit ist die Einstellung des automatischen Weißabgleichs (AWB) auf der Kamera und die anschließende Anpassung in der Bildbearbeitung.
Bei der Belichtung gibt es mehrere Varianten, wobei es meiner Meinung nach auf die Grundhelligkeit des Motivs ankommt.
Möglichkeit 1 ist die Belichtung nach rechts – ETTR (expose to the right). Das bedeutet, dass du leicht überbelichtest und die Lichter in der Nachbearbeitung korrigierst, also nach unten drehst.
Möglichkeit 2 ist das Gegenteil: du belichtest leicht unter und korrigierst die Schatten, in dem du sie aufhellst. Ich wende diese Technik bei sehr starkem Nebel und eher düsterer Lichtstimmung an.
leichte Überbelichtung, um eine freundlichere Stimmung zu erzeugen
f/7.1 | 20 sek | ISO 100 | 35 mm
bewusst düstere Stimmung durch Unterbelichtung
f/8 | 1/320 sek | ISO 800 | 105 mm
Ich verwende bei Nebel auch gerne die Spotmessung. Bei der Spotmessung misst die Kamera einen kleinen Bereich in der Mitte des Bildes die Helligkeit. Die Belichtung sitzt genau auf diesem Punkt und die Messung stellt sicher, dass genau dort noch Zeichnung im Bild ist.
Bei neuen Kameramodellen kann man den Autofokuspunkt mit der Spotmessung koppeln.
Ein Problem beim Fotografieren von Nebel könnte das Fokussieren mitbringen. Findet der Autofokus keine Umrisse oder Kontraste, streikt er. Zum Glück verfügt jede Kamera über die Möglichkeit, den Autofokus auszuschalten und stattdessen manuell zu fokussieren. Am besten funktioniert das auf einem Stativ und mit dem Live View Modus. Mit der Lupe kannst du ins Bild zoomen und die Schärfe vorne am Fokussierring des Objektivs einstellen. Moderne Kameras verfügen über Fokus Peaking – dabei zeigt die Kamera die scharfen Bereiche farblich umrandet an.
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Bildaufbau
Die Gestaltungsregeln und Gestaltungsmittel bei Nebelfotos sind meist nicht viel anders als bei Landschaftsbildern.
#1
Eine meiner Lieblingsregeln ist: konzentriere dich auf das Wesentliche. Vermeide es, zu viel in ein Bild zu packen. Der Betrachter eines Fotos ist schnell überfordert, wenn es auf einem Bild zu viele Dinge gibt, vor allem wenn es zu viele Dinge gibt, die vom Hauptmotiv ablenken.
Ein einzelner Baum zum Beispiel, der isoliert in einer Nebelschicht steckt, ist ein eindeutiges Motiv. Es ist klar und minimalistisch.
f/8 | 1/40 sek | ISO 500 | 28 mm
#2
Mein zweiter Tipp hinsichtlich Bildaufbau lautet: gehe näher ran ans Motiv!
Nebel ist oft sehr dicht. Der Kontrast ist dadurch geringer und dem Bild fehlt ein Gefühl der Tiefe. Wenig Tiefe in einem Fotos wirkt meistens flach und eher langweilig.
Das kannst du umgehen, in dem du näher ans Motiv rangehst. Wie nahe hängt vom Motiv und von der Dichte des Nebels ab.
F/5.6 | 1/50 sek | ISO 400 | 24 mm
Polfilter NiSi
#3
Suche dir einen Aussichtspunkt und fotografiere den Nebel in einem Tal mit einer langen Belichtungszeit. Durch die lange Belichtung wirken die Nebelwolken wie ein weicher Schleier. Außerdem verleiht er einem Bild sehr viel Dynamik.
Wenn du nicht genau weißt, wie du untertags lange Belichtungszeiten realisieren kannst, empfehle ich dir meinen Artikel mit einem Schritt-für-Schritt Tutorial.
Lange Belichtung: f/8 | 78 sek | ISO 100 | 24 mm
Im Vergleich eine kürzere Belichtung (wenngleich doch lange): f/7.1 | 8 sek | ISO 100 | 24 mm
#4
Konzentriere dich auf Formen im Nebel. Ob Bäume im Wald oder andere markante Formen. Versuche, sie im Nebel herauszuarbeiten.
Ein Tipp, um diese Elemente überhaupt zu sehen: konzentriere dich bei deinem Foto-Ausflug ganz bewusst drauf und lass dich nicht von anderen Motiven ablenken.
waagrechte Elemente
f/7.1 | 25 sek | 100 mm | 123 mm
NiSi Polfiter, ND 64 und Verlaufsfilter
senkrechte Elemente
f/7.1 | 30 sek | 100 mm | 123 mm
NiSi Polfiter, ND 64 und Verlaufsfilter
#5
Setze negativen Raum bewusst ein. Negativer Raum ist ein Gestaltungsmittel in der Fotografie, das dein Motiv unterstützt. Man kann sich negativen Raum als Umgebung für das Motiv vorstellen. Diese Umgebung ist unbesetzt und dient dazu, den Raum für das Motiv zu definieren.
Einhergehend mit negativem Raum ist das Konzept des Minimalismus. Das bedeutet, dass du dich in der Wahl des Motivs drastisch reduzierst.
f/7.1 | 25 sek | 100 mm | 20 mm
NiSi Polfiter, ND 64 und Verlaufsfilter
#6
Baue den Nebel in eine Spiegelung ein. Dadurch kreierst du im ersten Moment Verwirrung. Außerdem wird die Fläche aufgebrochen und das gesamte Bild wirkt dynamischer und spannender.
f/7.1 | 1/125 sek | ISO 400 | 135 mm
NiSi Polfilter
#7
Nütze bewusst die Kombination Licht und Nebel. Für diese Kombination musst du meistens schnell sein, denn so schnell sie da ist, so schnell ist sie auch wieder weg. In diesem Beispiel machen die langen Schatten der Sonne und die Nebelschaden zwischen den Bäumen das Bild aus.
f/8 | 1/320 sek | 125 mm | 105 mm
NiSi Polfilter
Noch ein Tipp zum Schutz der Kamera und des Objektivs:
Verwende ein spezielles Objektivtuch, um dein Objektiv abwischen zu können, falls sich Kondenswasser auf der Linse bildet. Um Kondenswasser im Inneren der Kamera zu vermeiden, stecke die Kamera immer wieder in die Tasche. Wenn du nach Hause gehst, lass die Kamera erstmal in der Tasche / im Rucksack in einem kühleren Raum stehen, um ihr Zeit zur Akklimatisierung zu geben. Lasse sei dabei ausgeschalten.
Foto Community
Ich bin gespannt auf deine Nebelbilder. Zeigst du sie mir? Komm in meine Foto Community und poste deine Nebelfotos. Ich freu mich drauf.