Einen eigenen Fotostil haben. Das ist der Wunsch vieler Hobbyfotografen. Viele glauben jedoch, dass es für immer bei diesem Wunsch bleibt. Denn ein eigener Stil scheint unerreichbar zu sein.
Nope. Ab heute darfst du wieder träumen. Denn: Dein eigener Stil ist nicht etwas, das du dir von außen holen musst. Er ist längst in dir – du musst ihn nur sichtbar machen.
Was ist ein Fotostil - und was nicht?
Ich starte einmal damit, was ein Fotostil NICHT ist.
Viele denken bei „Stil“ zuerst an Presets, bestimmte Farben oder einen bestimmten Bildlook.
Aber das ist nur die Oberfläche.
Ein Fotostil ist kein Filter, kein Lightroom-Preset und auch kein „Look“ oder wie du ein Bild bearbeitest.
Was ist es dann?
Ein Fotostil ist WAS du fotografierst. WARUM du es tust. Und WIE du es fotografierst. Es ist dein Blick auf die Welt.
Hääh? Du verstehst nur Bahnhof. OK, lass es mich genauer erklären.
Ein Stil zeigt sich in deinen Entscheidungen und das oft unbewusst:
- Welche Motive ziehen dich an?
Fotografierst du gerne Menschen, leere Straßen, Muster, unscharfe Blumen im Gegenlicht, grafische Elemente, abstrakt? - Wie gehst du mit Licht und Farben um?
Liebst du sanftes Licht oder arbeitest du mit Schatten und Kontrasten? - Welche Perspektiven wählst du?
Fotografierst du nah dran, zurückhaltend, grafisch, verspielt? - Welche Stimmung strahlen deine Bilder aus?
Ruhig? Lebendig? Nachdenklich? Klar?
All das ist Stil.
Es ist nicht als starres Konzept zu sehen, sondern als eine Linie, die sich mit der Zeit zeigt.
Vielleicht ist sie noch zart, aber sie ist da.
Ein Fotostil ist ein Prozess, kein Zustand. Der Stil wächst mit dir und er verändert sich mit deinem Leben, mit deiner Wahrnehmung und deinen Themen.
Du musst ihn auch nicht benennen können.
Wenn du an Fotostil denkst, denk an deine Handschrift. Du hast sie wahrscheinlich nie so bewusst geformt. Sie ist entstanden und sie ist einzigartig.
Dein fotografischer Stil funktioniert ähnlich.
Wann habe ich einen eigenen Stil?
Vielleicht denkst du dir jetzt: „Ok, klingt gut… aber woher weiß ich, ob ich schon einen Stil habe?“
Viele meiner Teilnehmerinnen sind überzeugt, sie hätten keinen. Bis ich ihnen ein Bild zeige und sage: „Das ist doch 100 % DU.“
Denn oft ist der Stil schon da, aber wir erkennen ihn nicht. Warum?
Weil wir ihn mit etwas verwechseln, das „fertig“ oder „besonders“ sein muss. Dabei muss ein Fotostil nicht “laut” oder spektakulär sein. Dein Stil entsteht leise.
Ein paar Hinweise, dass dein Stil längst da ist:
- Du fotografierst bestimmte Motive immer wieder – ohne es bewusst zu planen.
- Deine Bilder lösen bei dir (oder anderen) ein „Das bin ich“-Gefühl aus.
- Andere erkennen deine Bilder, ohne deinen Namen zu lesen
- Du triffst wiederkehrende Entscheidungen: Farbe oder Schwarzweiß? Nah oder weit? Hoch oder tief?
Das alles ist Stil.
Vielleicht ist er für dich (noch) nicht greifbar. Aber schau mal genauer hin, ob du da nicht doch schon einen erkennen kannst.
Ein paar Beispiele gefällig?
Ich möchte dir unbedingt Bea vorstellen. Sie hat binnen sehr kurzer Zeit einen unverkennbaren Stil entwickelt. Ihre Stillleben sprechen leise, aber klar. Sie erzählen von Zeit, von Raum, von Achtsamkeit. Nichts ist zufällig. Alles ist gesetzt. Und trotzdem wirken ihre Bilder nicht steif, sondern atmend.
Und Caro. Sie malt mit der Kamera. Ihre ICM-Aufnahmen (Bewegungsfotos mit bewusster Unschärfe) sind wie Musik in Bildern.
Wenn ich Mariannes Blumenbilder sehe, denke ich sofort: „Das ist sie.“ Ihre Doppelbelichtungen wirken, als hätten sich Blüten und Träume miteinander verbunden. Sie fotografiert nicht „Blumen“, sie zeigt das Wesen von Vergänglichkeit, Zartheit, Schönheit.
Diese Frauen fotografieren sehr unterschiedlich – und genau das ist das Schöne:
Stil heißt nicht, dass man sich einschränkt, Sondern dass man sich erkennt und zwar im eigenen Bild.
Wie du deinem Stil näher kommst
Den eigenen Stil zu entwickeln klingt total anstrengend. So, als müsste man da planen oder strategisch angehen. Bitte nicht! Fotografie soll ein Hobby für dich bleiben und Spaß machen. Du musst da gar nichts strategisch planen.
Beim Fotografieren gilt eines: Der Weg ist das Ziel. Gehe Schritt für Schritt, halte deine Augen offen, sei offen für Neues, lass dich inspirieren und trau dich immer wieder aus deiner Komfortzone.
Ich möchte dir ein paar Impulse mitgeben, die dir helfen können, deinem fotografischen Stil näher zu kommen – ohne Stress, 17-Punkte-Plan oder Pinterest Copycat.
- Durchforste deine eigenen Bilder
Schau dir deine Bilder einmal durch und beleuchte sie nach folgenden Fragen / Kriterien:
– Was fotografierst du immer wieder, auch unbewusst?
– Gibt es Themen, Farben, Stimmungen, die sich durchziehen?
Vielleicht hast du das nie bewusst bemerkt, aber genau hier zeigt sich oft schon eine Linie. Dein Stil fängt in deiner Bildauswahl an. - Frage dich: Was zieht mich an?
Was reizt dich, wenn du fotografierst? Ist es Licht? Schatten? Ruhe? Muster? Menschen? Bestimmte Farben oder Kontraste?
Und dann versuche, dir zu beantworten, was du mit deinen Bildern zeigen / erzählen möchtest. Oft steckt da schon so viel mehr drin, als wir denken. - Wähle deine Lieblingsbilder und finde ihren gemeinsamen Nenner.
Suche dir 10 Bilder aus deinem Archiv aus, auf die du wirklich stolz bist und die dir richtig gut gefallen. Und dann schaust du sie dir genauer an:
– Was haben sie gemeinsam?
– Welche Farben, Linien und Perspektiven tauchen auf?
– Was ist die Stimmung
– Gibt’s ein wiederkehrendes Motiv?
Mach dir Notizen. Das ist dein fotografischer Fingerabdruck. - Gib deinem Stil ein (Arbeits-)Wort.
Jetzt wird es spannend:
Wenn du deinen Stil in ein oder zwei Worten beschreiben müsstest: Welche wären das?
Zum Beispiel:
Struktur und Licht
Unperfekte Schönheit
Still und stark
Unaufgeregt und ausdrucksstark
Form und Gefühl
Tiefe und Reinheit
Vielleicht klingt das im ersten Moment ungewohnt, aber dieses kleine Wortpaar hilft dir, bewusster zu sehen. Du gibst deinem Stil eine Sprache, die als eine Art innere Orientierung dienen soll.
Ich nenne meinen Stil zum Beispiel „leise Klarheit“.
Meine Bilder sind oft reduziert, ruhig, strukturiert. Ohne viel Schnickschnack, aber mit Bedeutung. Das hilft mir beim Fotografieren ganz konkret, denn ich weiß, was „meins“ ist – und auch, was sich nicht richtig anfühlt.
Wenn du deinem Stil ein solches Wort (oder Wortpaar) gibst, hast du plötzlich einen inneren Kompass. Du kannst bei jedem Bild fragen: Passt das zu meinem Ausdruck? Oder verliere ich mich gerade in etwas, das ich nur machen will, weil es bei anderen gut aussieht?
Das ist kein endgültiges Etikett. Es darf sich verändern. Aber für den Moment gibt es dir Orientierung. - Und dann gilt es: Wiederholen. Spielen. Entscheiden.
Wiederhole, was sich gut anfühlt.
Lass weg, was dich langweilt.
Trau dich, zu sagen: „Das bin ich.“ oder „Das bin ich nicht”
Denn genau so wächst dein Stil, nämlich ganz von alleine und in deiner eigenen Sprache. Und irgendwann wirst du dieses eine Bild machen, anschauen – und einfach wissen: „Ja. Das ist meins.“
Dein Stil beginnt mit einem Gefühl
Wenn du ein Bild anschaust: Was spürst du?
Diese Frage stelle ich meinen Teilnehmern bei jeder Bildanalyse.
Und oft kommt erstmal…Stille. Oder oft wird beschrieben, was sie sehen.
Viele spüren etwas, aber sie können es (noch) nicht in Worte fassen.
Und genau darum geht es beim Stil: Nicht nur, was wir sehen, sondern was wir fühlen.
Dein Stil ist nicht nur Technik. Er ist Emotion, Präsenz und Ausdruck.
Und wenn du genau das vertiefen möchtest...
In COMPOSE!, meinem Onlinekurs Club, begleite ich dich auf diesem Weg.
Wir sprechen über Bildgestaltung.
Wir analysieren Bilder. Nicht, um sie zu bewerten, sondern um sie besser zu verstehen.
Und wir suchen Worte für das, was du ausdrücken willst, auch wenn es vielleicht (noch) schwer fällt.
COMPOSE ist ein Ort für Menschen, die fotografieren, um etwas zu zeigen, was ihnen wichtig ist.
Wenn du Lust hast, deinen Stil zu entdecken, zu verfeinern – und vor allem: zu fühlen –
dann bist du herzlich eingeladen, COMPOSE!-ler zu werden.