Architekturfotografie umfasst ein breites Spektrum. Von kleinen Hütten bis zu riesigen Wolkenkratzern, von alten, historischen Gemäuern bis hin zu modernen Bauten oder Brücken. Außenaufnahmen des ganzen Gebäudes gehören genauso zum Genre der Architekturfotografie wie Innenaufnahmen. Hier findest du meine besten Architekturfotografie Tipps, sodass deine Bilder von Gebäuden auch gelingen.
Entscheidend für das Gelingen von Architekturfotos ist nicht nur das Equipment, sondern vor allem das Licht und die Perspektive. Solltest du bisher kein Fan von digitaler Nachbearbeitung gewesen sein, ist es spätestens bei dieser Art von Fotos an der Zeit, wenigstens ein paar Kleinigkeiten mit der Bildbearbeitungssoftware zu korrigieren.
Die Herausforderung besteht darin, das Gebäude mithilfe von Licht, Perspektive und Nachbearbeitung zum Leben zu erwecken. Der große Vorteil von Architekturfotografie ist der, dass du alle Zeit der Welt hast, das Objekt zu fotografieren. Außerdem findest du Objekte an jeder Ecke, egal ob in der Stadt oder am Land.
Wichtige Faktoren für das Gelingen von Architekturfotos:
#1 Licht
Licht ist in der Fotografie der entscheidende Faktor für großartige Fotos. Normalerweise empfehlen wir Fotografen, nicht im harten Licht zu fotografieren. Die Architekturfotografie stellt allerdings eine Ausnahme dar. Harte Schatten und tiefe Kontraste sind ideal, um Formen und Texturen hervorzuheben. Ein Polfilter kann von Vorteil sein, um die Farbe zum Beispiel des Himmels zu intensivieren. Möchte man normalerweise schwarze Schatten komplett vermeiden, so sind sie in der Architektur oftmals erwünscht.
Achte darauf, dass dein Objekt in der Sonne ist und nicht im Schatten. Wenn du in deiner Stadt fotografierst, kannst du ganz einfach herausfinden, wann die Sonne auf die Seite des Gebäudes scheint, das du fotografieren möchtest, indem du es zu verschiedenen Tageszeiten aufsuchst. In einer fremden Stadt, wo du möglicherweise nur ein paar Tage bist, empfehle ich eine App, um herauszufinden, wann die Sonne wo und wie hoch oder tief steht. Sun Surveyor, Sun Seeker oder Photopills sind Apps, die du dir näher anschauen kannst.
Besonders attraktiv wirken Gebäude zur blauen Stunde, wenn der Himmel magisch blau ist und das beleuchtete Gebäude einen schönen Kontrast zum Blau bildet.
Nachfotos lassen Gebäude auch sehr reizvoll erscheinen. Mit geschlossenen Blenden erzielst du schöne sternförmige Lichter, auch Blendensterne genannt.
#2 Perspektive
Die meisten Menschen schauen geradeaus auf ein Gebäude und fotografieren es. Das hat auch durchaus seine Berechtigung, manche Bauten sind in ihrer Frontalansicht am Schönsten und so möchte man sie auch ablichten. Versuche, dein Objekt aber auch einmal anders zu sehen. Schau hinauf, geh auf den Boden, blick durch Löcher und Zwischenräume, such einen extremen Winkel, halte Ausschau nach Symmetrien und probiere verschiedene Ansichten aus.
Das Schloss Schönbrunn in einer etwas anderen Perspektive.
#3 Die Nachbearbeitung
In den meisten Fällen ist es empfehlenswert, Architekturfotos in der Bildbearbeitungssoftware nachzubearbeiten. Kontrast und Schärfe sollten erhöht und stürzende Linien korrigiert werden. Der Grad der Nachbearbeitung liegt selbstverständlich immer im eigenen Ermessen: was für den einen zu viel ist, ist für den anderen zu wenig.
Stürzende Linien:
Das Phänomen der stürzenden Linien ist völlig normal. Es entsteht wenn du deine Kamera nicht parallel zum Boden, sondern nach oben hältst. Dadurch scheint das Gebäude nach hinten zu kippen. Meistens hält man die Kamera nach oben, um mehr vom Motiv auf das Bild zu bekommen. Die Stärke der stürzenden Linien hängt sehr von der verwendeten Brennweite und vom Grad des „Kippens“ ab. Je weiter der Winkel und je mehr du die Kamera kippst, umso stärker sind die stürzenden Linien ausgeprägt. Bei Wolkenkratzern beispielsweise ist eine starke Verzerrung jedoch ausdrücklich gewünscht, denn die stürzenden Linien verleihen dem Motiv eine starke Dynamik.
Du kannst diese bereits im Vorfeld vermeiden, wenn du:
- Aus größerer Entfernung zum Motiv fotografierst und die Kamera dadurch nicht neigen musst.
- Ein Teleobjektiv verwendest und dein Objekt aus großer Entfernung fotografierst.
- Auf Augenhöhe mit deinem Motiv bist und somit die Kamera somit parallel halten kannst. Das geht zum Beispiel, wenn du aus dem Fenster des gegenüberliegenden Gebäudes fotografierst.
- Die Brennweite vergrößerst, was jedoch in vielen Fällen dazu führt, dass du das Gebäude nicht ganz aufs Bild bekommst.
- Ein Tilt-Shift-Objektiv verwendest, mit dem du stürzende Linien bereits bei der Aufnahme vermeiden kannst.
Die Säulen stürzen
Die Linien wurden im Bildbearbeitungsprogramm korrigiert.
Tipps zum Fotografieren von Architektur:
#1 Alte Gebäude
Alte, historische Architektur fotografierst du am besten mit einem einfachen Bildaufbau, indem du das Gebäude in seinem ganzen Glanz zeigst und eventuell ein wenig von der Umgebung noch mit ins Bild nimmst. Ob und wieviel du von der Umgebung zeigen möchtest, hängt mitunter davon ab, ob sie dem Gebäude schmeichelt und welche Aussage du mit dem Bild erreichen möchtest. Fotografierst du zum Beispiel ein altes Hotel, das wunderschön in die Weinberge eingebettet ist, macht es durchaus Sinn, die Weinberge mit auf das Foto zu bringen.
Bei historischen Gemäuern bieten sich auch Details und Strukturen an, auf die du dich konzentrieren und die du hervorholen kannst.
Ein altes Gebäude eingebettet in der Natur. Ein schöner Farb-Kontrast
#2 Moderne Architektur
Bei modernen Gebäuden und Bauten kannst du deine Kreativität voll ausleben. Oftmals findest du Muster und Strukturen, die du als Abstrakt ablichten kannst. Extreme Perspektiven gehören genauso dazu wie das Fotografieren von ungewöhnlichen Winkeln und Blickpunkten aus.
Die Glasfassade eines Gebäudes in Wien abstrakt fotografiert
#3 Polfilter
Wenn du Bauten fotografierst, die eine Glasfront haben, empfehle ich, einen Polfilter zu verwenden. Damit kannst du die Reflexionen im Glas reduzieren und das Blau des Himmels verstärken.
#4 Frontal- bzw. Seitenlicht
Fotografiere dein Gebäude bei Frontal- bzw. Seitenlicht. Dadurch erhältst du lange, interessante Schatten und die Oberfläche und Struktur kommt richtig gut zur Geltung.
#5 Fotografiere in der Nacht
So manche Gebäude geben untertags wenig her, erstrahlen jedoch am Abend, wenn die Lichter angehen. Viele Gebäude werden bei Einbruch der Dunkelheit beleuchtet. Das bringt Farbe und Dynamik in ein Foto.
Die Vorderseite der Wiener Oper mit der Dynamik einer alten Straßenbahn
#6 Architektur ≠ nur Gebäude
Brücken, ob alt oder modern, können fantastische Motive sein. Manche Brücken sind am Abend besonders schön beleuchtet und du kannst mit Langzeitbelichtungen experimentieren.
Die Vasco da Gama Brücke in Lissabon
#7 Anschnitt und Details
Wenn du ein architektonisches Meisterwerk fotografierst, spiele mit dem Anschnitt. Suche nach interessanten Details und hole diese hervor.
Die Decke der Peterskirche in Wien
#8 Belichtungsreihen & HDR
Bei schwierigen Verhältnissen mit Licht und Schatten eignen sich Belichtungsreihen, die du dann mit einer Software zu einem Bild zusammenfügst. Je nachdem, wie dramatisch du deine Fotos gestalten möchtest, kannst du das individuell selber am Computer steuern und auch einmal dramatische HDR Bilder versuchen. Bei HDRs scheiden sich die Geister – die einen lieben sie, die anderen können sie nicht anschauen.
HDR Aufnahme vom ROM in Toronto an einem grauen Tag
Welche Kameraeinstellung wählst du für Architekturfotos?
Die Einstellungen der Kamera hängen natürlich von mehreren Faktoren wie zum Beispiel dem Licht, dem Motiv oder deinem verwendeten Objektiv ab.
Wähle entweder den manuellen Modus, bei dem du Blende und Belichtungszeit einstellst oder die Zeitautomatik, bei der du die Blende wählst und die Kamera für dich die Verschlusszeit einstellt.
Bei Architekturfotos möchtest du eine große Tiefenschärfe haben, wofür du die Blende schließen musst. Welche Blende die optimale Schärfe erzielt, hängt ganz von deinem Objektiv ab. Ich empfehle, mit einem Blendenwert zwischen f/6.3 und f/11 zu fotografieren.
Die Verschlusszeit ist in der Architekturfotografie eher nebensächlich, außer du fotografierst mit einem Graufilter und möchtest den Nebeneffekt, dass die Wolken verwischen.
Die ISO stellst du am besten auf 100, um die bestmögliche Qualität zu erreichen und ein Bild ohne Rauschen zu erhalten.
Fotografiere im RAW Format – ganz wichtig! Nur das Raw Foto kannst du in der Bildbearbeitung entsprechend nachbearbeiten. Insbesondere Objektivkorrekturen, stürzende Linien oder ein einheitlicher Weißabgleich kannst du nur im Raw Format nachbearbeiten.
Welches Equipment benötigst du für die Architekturfotografie?
- Kamera
- Objektiv:
- Weitwinkel vor allem bei extremen Perspektiven oder Innenaufnahmen
- Optional: Teleobjektiv wenn du genug Platz zum Motiv hast und es aus größerer Entfernung aufnehmen kannst oder für die Details
- Optional: Fish-Eye für die Spielereien
- Für angehende Profis in der Architekturfotografie: Tilt-Shift Objektiv
- Stativ: Bei Architekturaufnahmen empfehlen wir ein Stativ, um 100% scharfe Bilder zu bekommen
- Einen Polfilter, um Reflexionen zu reduzieren und/oder die Farbe des Himmels zu verstärken
- Optional: Fernbedienung, es geht natürlich auch der Selbstauslöser